Kamingespräch über „Künstliche Intelligenz im Journalismus“ mit Prof. Markus Kaiser

Tool statt Tod für den Journalismus

Veröffentlicht am 13. Dezember 2023 von Jana Paulina Lobe

Was bringt ein Redak­ti­ons­se­mi­nar wie das zur Pro­duk­ti­on die­ses Maga­zins über­haupt noch? Arti­kel ver­fas­sen, Über­schrif­ten fin­den, Redi­gie­ren, die rich­ti­ge Bild­aus­wahl tref­fen… Die Fähig­kei­ten, die wir an einem inten­si­ven Wochen­en­de gewon­nen haben – wer­den sie nicht bald obso­let sein? Alles für die Katz, wenn Künst­li­che Intel­li­genz (KI) unse­re Auf­ga­ben über­nimmt? Fra­gen wie die­se trei­ben uns um: Bei allen Teil­neh­mern besteht ein natür­li­ches Inter­es­se an Künst­li­cher Intelligenz.

Digitales Kamingespräch mit Prof. Markus Kaiser (Foto: V. Göbner)

Ein arbeits­rei­cher Tag liegt hin­ter uns, dem Ban­zia­na-Redak­ti­ons­team, als wir uns am Sams­tag­abend für das Kamin­ge­spräch ver­sam­meln. Hin­ter unse­ren Dozen­ten fla­ckert ein digi­ta­les Feu­er auf der Lein­wand, womög­lich von KI erstellt. Der refe­rie­ren­de Mar­kus Kai­ser ist Pro­fes­sor für Prak­ti­schen Jour­na­lis­mus mit den Schwer­punk­ten digi­ta­ler Jour­na­lis­mus, Medi­en­in­no­va­tio­nen, Event­ma­nage­ment und Chan­ge Manage­ment an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Nürn­berg. Ein Mensch aus Fleisch und Blut, auch wenn er nur online zuge­schal­tet ist. Als lang­jäh­ri­ger Jour­na­list und the­ma­ti­scher Exper­te gibt er uns einen Über­blick über Chan­cen und Kon­se­quen­zen von Künst­li­cher Intel­li­genz im Journalismus.

Oft als dis­rup­ti­ve Tech­no­lo­gie bezeich­net, wird KI ver­schie­de­ne Arbeits­bran­chen wesent­lich ver­än­dern. Dar­un­ter auch die der Medi­en. Eine kur­ze Schlag­licht­run­de offen­bart Sor­gen und Erfah­rungs­wer­te der Semi­nar­teil­neh­mer. Der eine freut sich, durch KI-Platt­for­men Arbeits­schrit­te im Stu­di­um oder Job zu ver­ein­fa­chen. Ein ande­rer befürch­tet, dass sein künf­ti­ges Berufs­feld bald der Ver­gan­gen­heit ange­hört. Zwi­schen die­sen bei­den Polen chan­gie­ren die meis­ten sei­ner Kli­en­ten, so Kai­ser. Wich­tig sei ein dif­fe­ren­zier­ter Blick dar­auf, was Jour­na­lis­mus aus­macht und was KI dafür (nicht) leis­ten kann.

Ein arbeits­rei­cher Tag liegt hin­ter uns, dem Ban­zia­na-Redak­ti­ons­team, als wir uns am Sams­tag­abend für das Kamin­ge­spräch ver­sam­meln. Hin­ter unse­ren Dozen­ten fla­ckert ein digi­ta­les Feu­er auf der Lein­wand, womög­lich von KI erstellt. Der refe­rie­ren­de Mar­kus Kai­ser ist Pro­fes­sor für Prak­ti­schen Jour­na­lis­mus mit den Schwer­punk­ten digi­ta­ler Jour­na­lis­mus, Medi­en­in­no­va­tio­nen, Event­ma­nage­ment und Chan­ge Manage­ment an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Nürn­berg. Ein Mensch aus Fleisch und Blut, auch wenn er nur online zuge­schal­tet ist. Als lang­jäh­ri­ger Jour­na­list und the­ma­ti­scher Exper­te gibt er uns einen Über­blick über Chan­cen und Kon­se­quen­zen von Künst­li­cher Intel­li­genz im Journalismus.

Oft als dis­rup­ti­ve Tech­no­lo­gie bezeich­net, wird KI ver­schie­de­ne Arbeits­bran­chen wesent­lich ver­än­dern. Dar­un­ter auch die der Medi­en. Eine kur­ze Schlag­licht­run­de offen­bart Sor­gen und Erfah­rungs­wer­te der Semi­nar­teil­neh­mer. Der eine freut sich, durch KI-Platt­for­men Arbeits­schrit­te im Stu­di­um oder Job zu ver­ein­fa­chen. Ein ande­rer befürch­tet, dass sein künf­ti­ges Berufs­feld bald der Ver­gan­gen­heit ange­hört. Zwi­schen die­sen bei­den Polen chan­gie­ren die meis­ten sei­ner Kli­en­ten, so Kai­ser. Wich­tig sei ein dif­fe­ren­zier­ter Blick dar­auf, was Jour­na­lis­mus aus­macht und was KI dafür (nicht) leis­ten kann.

Maschine als Mitarbeiter, Mensch als Korrektiv

Für den inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus ist KI zunächst ein gro­ßer Segen. Eine unüber­schau­ba­re Men­ge an Daten­men­gen kann in kur­zer Zeit gesam­melt, aus­ge­wer­tet und auf­be­rei­tet wer­den. Davon pro­fi­tiert der Daten­jour­na­lis­mus, der fak­ten­ba­sier­te Erhe­bun­gen erstellt. Doch KI lie­fert nicht nur zu, son­dern pro­du­ziert auch redak­tio­nel­le Inhal­te.  Im soge­nann­ten Robo­ter­jour­na­lis­mus wer­den schon längst auf der Basis von Algo­rith­men Börsen‑, Fuß­ball- oder Ver­kehrs­mel­dun­gen auto­ma­ti­siert gene­riert. Auch wenn hier wenig hal­lu­zi­niert wird so nennt man es, wenn KI feh­ler­haf­te Inhal­te pro­du­ziert ist eine End­ab­nah­me durch einen Redak­teur uner­läss­lich. Das im Jour­na­lis­mus gän­gi­ge Vier-Augen-Prin­zip bleibt. Das mensch­li­che Augen­paar muss veri­fi­zie­ren und den letz­ten Schritt der Publi­ka­ti­on gehen.

Dieser Bericht ist ohne Gebrauch künstlicher Intelligenz verfasst.

Einen sol­chen Ver­merk zu set­zen, soll­te zum guten Ton im Jour­na­lis­mus gehö­ren, wes­halb Mar­kus Kai­ser für eine Kenn­zeich­nungs­pflicht plä­diert. Vie­le Medi­en­häu­ser haben sich Codi­ces zum Umgang mit KI gege­ben. Medi­en­ethisch gibt es eini­ge indi­vi­du­el­le Vor­stö­ße, eine ver­bind­li­che Rege­lung durch den Deut­schen Pres­se­rat aber exis­tiert noch nicht. Gera­de die Gesetz­ge­bung hinkt den rasan­ten Ent­wick­lun­gen hin­ter­her. Die­sen Grau­be­reich zu ver­las­sen ist umso dring­li­cher, als KI mög­li­cher­wei­se bald nicht mehr als sol­che erkenn­bar sein wird. In Anwen­dungs­pro­gram­men wie Word oder Power­point kön­ne sie ein­ge­baut sein, ohne gekenn­zeich­net zu sein, pro­phe­zeit Kaiser. 

ChatGPT, Goog­le Bard und ande­re Tools kön­nen unlieb­sa­me Arbeits­pro­zes­se erleich­tern und Zeit im Redak­ti­ons­all­tag spa­ren. Jedoch sind sie nur so gut wie die Prompts (Vor­ga­ben), die man ihnen gibt und die Infor­ma­tio­nen, die ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen. Dabei müs­sen stets die impli­zier­ten Nar­ra­ti­ve und mög­li­che Bia­ses bedacht wer­den. ChatGPT & Co prü­fen ihre Quel­len nicht. Sie sind dem Out­put ver­schrie­ben, nicht der Objek­ti­vi­tät und auch nicht dem Wahrheitsgehalt.

Auch aus die­sem Grund kann KI Qua­li­täts­jour­na­lis­mus nicht erset­zen. Auto­ma­ti­sche Text­ge­ne­rie­rung spuckt Stan­dard-Sät­ze, Tex­te vom Reiß­brett, aus. Klas­si­sches Sto­rytel­ling und gute Recher­che, Grund­la­gen des jour­na­lis­ti­schen Hand­werks, wer­den umso wich­ti­ger, um sich in der Medi­en­land­schaft abzu­he­ben. Das Ver­trau­en des Lesers rückt in den Mit­tel­punkt: KI-Platt­for­men kön­nen jour­na­lis­ti­sche Stan­dards nicht erfül­len, man kann ihnen kei­ne Ver­ant­wor­tung über­tra­gen wie Journalisten. 

Medienkompetenz und Problembewusstsein

Künst­li­che Intel­li­genz bleibt und wird an Rele­vanz zuneh­men – wie aber kann man die Gesell­schaft für deren Ein­satz fit machen? Hier sieht Mar­kus Kai­ser ein Hand­lungs­feld für Bil­dungs­wer­ke wie die Hanns-Sei­del-Stif­tung. Auch ein Schul­fach wie Media Liter­acy wäre in sei­nen Augen ein Zuge­winn. Dabei soll­te auf Pro­blem­punk­te des Gebrauchs hin­ge­wie­sen wer­den. Die Fra­ge nach der Daten­ho­heit etwa. Alles, womit die Sys­te­me gefüt­tert wer­den, gehört schluss­end­lich den Betrei­bern der Tech­no­lo­gien. Lehr­kräf­te könn­ten in die­sem Rah­men für Falsch­mel­dun­gen und Deep Fakes sen­si­bi­li­sie­ren und die Not­wen­dig­keit ver­mit­teln, Nar­ra­ti­ve kri­tisch zu hinterfragen.

Assistenz statt Konkurrenz

Ob Ver­le­ger nicht zu kurz­fris­tig den­ken, dem Spar- und Effi­zi­enz­wahn ver­fal­len und Redak­teurs­stel­len weg­ra­tio­na­li­sie­ren? Es bleibt abzu­war­ten, meint Pro­fes­sor Kai­ser ehr­lich. Doch auch neue Beru­fe könn­ten ent­ste­hen – bei­spiels­wei­se ein KI-Prompt-Jour­na­list oder ein Data Ana­lyst.

Über Gren­zen und Mög­lich­kei­ten von KI zu infor­mie­ren hilft gegen dif­fu­se Ängs­te. Mar­kus Kai­ser gelingt es an die­sem Abend, die unse­ren zu mil­dern. Er betont beson­ders das Poten­ti­al,  läs­ti­ge Rou­ti­ne­auf­ga­ben zu erleich­tern. KI kann das Tran­skri­bie­ren von Inter­views beschleu­ni­gen, Tex­te kür­zen, Anre­gun­gen für Über­schrif­ten und Teaser lie­fern, Unter­stüt­zung bei Meta­tags und Such­ma­schi­nen­op­ti­mie­rung geben. Gera­de durch das Dele­gie­ren die­ser repe­ti­ti­ven Tätig­keit wird Zeit gewon­nen, um sich der Ent­wick­lung krea­ti­ver Inhal­te zu wid­men. Dem, wes­halb wir eigent­lich Jour­na­lis­mus betrei­ben, mit kri­ti­schem Denk­ver­mö­gen, ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ter Kon­tex­tua­li­sie­rung und natür­li­cher Kreativität.

Der Beruf des Jour­na­lis­ten ist nicht dem Tod geweiht. Durch reflek­tier­ten Ein­satz künst­li­cher Intel­li­genz wird er eher neu belebt.

Hybrides Kamingespräch (Foto: V. Göbner)
Sicht­wei­se des hybri­den Kamin­ge­sprächs für Prä­senz­teil­neh­mer (Fotos: V. Göbner)