Influencer-Preis

„Vorbilder für die ganze Branche“

Veröffentlicht am 6. November 2022 von Max Danhauser

Jury­vor­sit­zen­der Dr. Jonas Schüt­zeneder. Foto: schul­te-strat­haus/­KU.

Dr. Jonas Schüt­zeneder ist Jury­vor­sit­zen­der des Prei­ses, Alt­sti­pen­di­at und Dozent bei der Hanns-Sei­del-Stif­tung. Aktu­ell hat er die Ver­tre­tungs­pro­fes­sur Jour­na­lis­mus und digi­ta­le Inno­va­ti­on an der Hoch­schu­le Mag­de­burg-Stend­al inne. Mit uns hat er über die Arbeit der Jury, die wis­sen­schaft­li­chen Zusam­men­hän­ge und was jeder selbst beim Influen­cen beach­ten soll­te gesprochen.

Poli­tik und Influen­cer… Wie passt das zusammen?

(lacht) Das haben wir uns damals auch gefragt, zum Start des Pro­jekts. Damals, vor ein­ein­halb Jah­ren, ging es los mit der Über­le­gung der Stif­tung, ob wir einen Preis aus­ge­ben könn­ten für poli­ti­sche Influen­cer. Dann haben wir dar­über nach­ge­dacht: ‚Wie ver­ste­hen wir denn poli­ti­sche Influen­cer?‘ und sind dann sehr schnell drauf­ge­kom­men: ganz anders als die­ser sehr nega­tiv behaf­te­te Influen­cer-Begriff. Wir ver­ste­hen dar­un­ter jun­ge Leu­te, die sich auf digi­ta­len Platt­for­men für Poli­tik inter­es­sie­ren und eige­nen Con­tent kre­ieren, der in ers­ter Linie Infor­ma­ti­on und viel­leicht auch ein biss­chen Unter­hal­tung mit sich bringt. Und des­we­gen passt das mit dem poli­ti­schen Influen­cing durch­aus zuein­an­der. Gleich­zei­tig ist in der Poli­tik die Fra­ge nach der Ein­fluss­nah­me, nach Macht­ver­hält­nis­sen ohne­hin omni­prä­sent und schon immer dage­we­sen. Egal ob auf Social-Media oder woanders.

Was unter­schei­det sich denn das Influen­cing von klas­si­schen Medi­en? Nur Platt­form und Zielgruppe?

Auf jeden Fall der Aus­spiel­ka­nal. Und natür­lich die Ziel­grup­pe per se, die auf die­sen Platt­for­men deut­lich jün­ger ist als bei der Reich­wei­te über and­re Medi­en­ka­nä­le. Und der drit­te Punkt ist ganz wich­tig: Poli­ti­sches Influen­cing oder gene­rell die Anspra­che der Ziel­grup­pe auf die­sen Platt­for­men funk­tio­niert anders als im Jour­na­lis­mus. Das ist eine ande­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kul­tur. Auch ein ande­rer Ver­such, die Com­mu­ni­ty aktiv zu pfle­gen, mit ein­zu­bau­en. Und natür­lich in dem Kon­text auch – was sich vom Jour­na­lis­mus unter­schei­det: die ganz star­ke Per­so­na­li­sie­rung auf eine Per­son. Die Influen­cer ste­hen viel stär­ker im Fokus und sie bau­en letzt­lich über ihre Per­sön­lich­keit die Ver­bin­dun­gen zum Publi­kum auf. Mit Blick auf die grund­sätz­li­che Auf­ga­be, also dass von guten poli­ti­schen Influen­cern sau­ber recher­chiert wird, dass Sie Kri­tik und Hin­ter­grün­de lie­fern, indi­vi­du­el­le Mei­nungs­bil­dung ermög­li­chen, da sehe ich weni­ger Unterschiede.

Wir wol­len poli­ti­sche Influen­cer aus­zeich­nen, die wirk­lich nah an der jour­na­lis­ti­schen Tätig­keit sind.

Dr. Jonas Schüt­zeneder, Juryvorsitzender

Der Preis wur­de in die­sem Jahr zum zwei­ten Mal ver­ge­ben. War in die­sem Jahr etwas neu oder speziell?

Wir haben aus der Pre­miè­re im Vor­jahr viel mit­ge­nom­men. Unse­re Hoff­nung war, dass wir noch mehr unter­schied­li­che The­men und auch jün­ge­re Kanä­le in den Ein­rei­chun­gen sehen. Das haben wir auch expli­zit in Pres­se­mit­tei­lun­gen oder Inter­views auf der Hanns-Sei­del-Sei­te fokus­siert. Also nicht nur arri­vier­te und sehr bekann­te For­ma­te, son­dern auch wirk­lich Neu­ein­stei­ger oder auch ein­zel­ne Pro­jek­te. Das zeigt ja auch die dies­jäh­ri­ge Aus­zeich­nung für das Mul­ti­me­dia-Pro­jekt der Jour­na­lis­mus­schu­le. Vom Grund­satz her ist aber das Wich­tigs­te gleich­ge­blie­ben: Wir wol­len poli­ti­sche Influen­cer aus­zeich­nen, die wirk­lich nah an der jour­na­lis­ti­schen Tätig­keit sind. Also wirk­lich durch gute Recher­che­leis­tung, durch das schö­ne Zusam­men­spiel von Infor­ma­ti­on und ein biss­chen Enter­tain­ment einen neu­en Impuls für poli­ti­sche Infor­ma­ti­on lie­fern. Also das steht immer im Her­zen unse­res Prei­ses und da wol­len wir dann auch im nächs­ten Jahr dran arbeiten.

Wie war denn die Arbeit als Jury­prä­si­dent und mit der Jury?

Das ist eine wich­ti­ge und span­nen­de Auf­ga­be. Ich bin ja zum Glück nicht allein in der Jury. In die­sem Jahr wur­de ich ergänzt von der geschätz­ten Kol­le­gin Bea­tri­ce Dern­bach (TH Nürn­berg) und von der letzt­jäh­ri­gen Preis­trä­ge­rin Anto­nia Neid­hardt, die in der Kate­go­rie Pod­cast gewon­nen hat­te. Wir waren gleich­be­rech­tigt, auf Augen­hö­he. Wir haben zunächst alles ein­mal für uns allei­ne sor­tiert. Dafür haben wir ein Punk­te­sys­tem genutzt, weni­ger um eine Note zu bil­den, son­dern für uns sel­ber ein­fach eine klei­ne Rang­lis­te zu gestal­ten. Mit den Rang­lis­ten sind wir dann in die sehr offe­ne und sehr span­nen­de Dis­kus­si­on gegan­gen. Es hat sich gezeigt, dass wir mit den Rang­lis­ten sehr nah bei­ein­an­der lie­gen. Aus der Dis­kus­si­on her­aus wur­de dann sehr schnell deut­lich: Die­se drei For­ma­te wür­den wir ger­ne aus­zeich­nen, das fin­den wir alle gut.

Was hat die drei Preis­trä­ger – ganz all­ge­mein gespro­chen – ausgezeichnet?

Uns geht es nicht um die Reich­wei­te, ob es zwei Mil­lio­nen oder Zehn­tau­send sind. Das ist uns ziem­lich egal. Bei allen drei­en war ein spe­zi­fi­scher Ansatz, ent­we­der über die Platt­form oder eine bestimm­te Form der Infor­ma­ti­on im Vor­der­grund. Die The­men die­ses Jahr waren auch sehr stark geprägt vom Ukrai­ne-Krieg, natür­lich aber auch von Gesund­heit (Coro­na). Und das hat uns bei die­sen drei aus­ge­zeich­ne­ten For­ma­ten ein­fach gut gefal­len, dass sie –mit dem Blick auf die Medi­en­land­schaft – nicht nach­ge­schwom­men sind, son­dern dass sie eige­ne, klei­ne Nischen besetzt haben und das wirk­lich schön aus­ge­ar­bei­tet haben.

Jury­vor­sit­zen­der Dr. Jonas Schüt­zeneder bei der Preis­ver­lei­hung mit Mode­ra­to­rin und Alt­sti­pen­dia­tin Chris­ti­na Matal­li­nos. Foto: HSS.

Der Preis hat die Influen­cer aus­ge­zeich­net – aber was zeich­net denn den Preis aus? Was hat der Preis, was ein ande­rer nicht hat?

Zum einen das The­ma Influen­cing, ich fin­de, wir set­zen das mit hoher Sen­si­bi­li­tät um und sehen auch anhand der Viel­falt der Ein­rei­chun­gen, dass die­ser Preis offen für alle For­ma­te, The­men und Per­sön­lich­kei­ten ist. Gleich­zei­tig soll der Preis auch Ori­en­tie­rung schaf­fen: Per­so­nen, die über­le­gen, selbst poli­ti­sche Inhal­te auf den Platt­for­men anzu­bie­ten kön­nen sich von den Preis­trä­gern sicher­lich eini­ges abschauen.

Wir wol­len kei­ne abso­lu­tis­ti­sche Ver­kün­dung, son­dern einen Pro­zess, der aus vie­len Infor­ma­tio­nen und Mei­nun­gen ein soli­des Gesamt­bild zusam­men­trägt, auf des­sen Basis man sich dann sel­ber eine Mei­nung bil­det. Das ist ein Grund­ge­dan­ke von Demo­kra­tie, egal ob off­line oder online

Dr. Jonas Schüt­zeneder, Juryvorsitzender

Wor­an erken­ne ich denn seriö­se poli­ti­sche Influencer?

Eine gute und wich­ti­ge Fra­ge. Das ist übri­gens auch ein Punkt, der bei „heu­te wich­tig“ in dem Pod­cast so schön raus­kam. Das ist eine medi­en­päd­ago­gi­sche Fra­ge. Arbei­tet die­ser Kanal mit seriö­sen Quel­len? Ist der jewei­li­ge Influen­cer oder die Influen­ce­rin immer die ein­zi­ge Quel­le und sagt per­ma­nent die iden­ti­sche Mei­nungs­rich­tung? Oder ist es wirk­lich ein jour­na­lis­ti­scher Pro­zess? Also das Zusam­men­tra­gen von ver­schie­de­nen Quel­len, das Ein­ord­nen und das Dis­ku­tie­ren? Wird das auch belegt? Ist der Influen­cer oder die Influen­ce­rin nah dran an der poli­ti­schen Wirk­lich­keit? Ver­su­chen sie wirk­lich, Mei­nung aus der Poli­tik aktiv ein­zu­ho­len? Und nicht zuletzt: Sind die­se Influen­cer auch bereit, mit der Com­mu­ni­ty zu inter­agie­ren? Das ist ein ganz wich­ti­ger Punkt. Denn wir wol­len ja kei­ne abso­lu­tis­ti­sche Ver­kün­dung, son­dern einen Pro­zess, der aus vie­len Infor­ma­tio­nen und Mei­nun­gen ein soli­des Gesamt­bild zusam­men­trägt, auf des­sen Basis man sich dann sel­ber eine Mei­nung bil­det. Das ist ein Grund­ge­dan­ke von Demo­kra­tie, egal ob off­line oder online.

Wenn ich selbst poli­ti­scher Influen­cer wer­den möch­te, wor­auf muss ich da achten?

Zunächst ist es eine Ent­schei­dung auch mit dem Blick auf die eige­ne Per­sön­lich­keit: Möch­te man das machen, möch­te man sich sel­ber auch posi­tio­nie­ren als Per­son oder Mar­ke im Inter­net, qua­si dau­er­haft und immer sicht­bar sein? Der zwei­te Punkt ist: Gibt es eine Nische? Also ein Poli­tik­feld oder einen bestimm­ten Kanal, wo ich mich wohl­füh­le und Exper­ti­se ein­brin­gen kann? Und der drit­te Punkt ist: Habe ich Zeit und viel­leicht auch ein biss­chen finan­zi­el­le Res­sour­cen, um das Gan­ze auch zu bewerk­stel­li­gen? Unse­re Preis­trä­ge­rin­nen und Preis­trä­ger haben es uns sehr deut­lich gesagt: Die­ses Geschäft ist wirk­lich ein har­ter Job mit Blick auf das Zeit­ma­nage­ment. Man braucht für qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Pro­jek­te jeden Tag meh­re­re Stun­den. Und man­che machen es, sie­he zum Bei­spiel Ame­lie Weber, hauptberuflich.

Vie­len Dank für das Interview!

Sehr ger­ne.