Auf den Spuren der Federalist Society

Von München nach Washington, D.C.

Veröffentlicht am 10. Dezember 2023 von Lukas Dreßel

Wie debat­tiert man die Spiel­re­geln der ältes­ten Demo­kra­tie der Welt? Das konn­te ich in mei­nem Prak­ti­kum bei der Fede­ra­list Socie­ty in Washing­ton, D.C. im Herbst 2023 ken­nen­ler­nen. Den Weg dort­hin ermög­lich­te mir neben mei­nem ehren­amt­li­chen Enga­ge­ment auch das Aus­lands­sti­pen­di­um der Hanns-Sei­del-Stif­tung. Die Fede­ra­list Socie­ty hat in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten einen legen­dä­ren Ruf als Ort für erst­klas­si­gen Ideen­aus­tausch. Sie ist eine Ver­ei­ni­gung von Juris­ten, die sich der Debat­te von kon­ser­va­ti­ven und klas­sisch-libe­ra­len The­men ver­schrie­ben haben. Die New York Times wür­dig­te sie schon früh für ihre „intel­lek­tu­el­le Feu­er­kraft und zah­len­mä­ßi­ge Stärke“.

Der Supreme Court of the United States (Foto: Matt H. Wade)
Der Supre­me Court of the United Sta­tes (Foto: Matt H. Wade)
Ich an meinem ersten Tag im Praktikum (Foto: Lukas Dreßel)
Lukas Dre­ßel an sei­nem ers­ten Tag im Prak­ti­kum (Foto: Lukas Dreßel)

Im Jahr 1982 traf sich eine klei­ne Grup­pe von Stu­den­ten der renom­mier­tes­ten Uni­ver­si­tä­ten der Ver­ei­nig­ten Staa­ten an der Yale Law School und kam zu einem gemein­sa­men Schluss: die Vor­le­sungs­plä­ne ihrer Pro­fes­so­ren bie­ten zu wenig Raum für ande­re Ansich­ten und offe­ne Debat­ten. Die Bedeu­tung der Ver­fas­sung und föde­ra­lis­ti­scher Prin­zi­pi­en wür­den zu häu­fig unter den Tisch fal­len. Aus der Idee eines frei­en aka­de­mi­schen Dis­kur­ses grün­de­ten die Stu­den­ten die Fede­ra­list Socie­ty for Law and Public Poli­cy Stu­dies. Die Fede­ra­list Socie­ty besteht heu­te aus cir­ca 90.000 Mit­glie­dern, die sich in auto­nom in loka­len Anwalts- und Stu­den­ten­ver­ei­nen orga­ni­sie­ren. Sie folgt einem ähn­li­chen Wer­te­ka­non wie die Hanns-Sei­del-Stif­tung – kein Wun­der also, dass bei­de Orga­ni­sa­tio­nen auch zusam­men­ar­bei­ten.

Renommee durch Meinungsvielfalt

Die Fede­ra­list Socie­ty lässt sich nicht par­tei­po­li­tisch ver­ein­nah­men, will kei­ne Lob­by­ar­beit betrei­ben und unter­stützt kei­ne Kan­di­da­ten für öffent­li­che Ämter. Sie ver­steht sich als eine Grup­pe von kon­ser­va­ti­ven und klas­sisch-libe­ra­len Juris­ten. Ihre Kon­fe­ren­zen und Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen sind auch für Nicht­mit­glie­der offen. Die­se brin­gen wer­den­de und aus­ge­bil­de­te Juris­ten sowie Juris­ten unter­schied­li­cher Pro­fes­sio­nen zusammen.

Das Abbild von James Madison dient als Logo der Federalist Society. Madison war der vierte Präsident der Vereinigten Staaten und war einer der maßgeblichen Autoren der US-Verfassung und der Bill of Rights.
Das Abbild von James Madi­son dient als Logo der Fede­ra­list Socie­ty. Madi­son war der vier­te Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten und war einer der maß­geb­li­chen Autoren der US-Ver­fas­sung und der Bill of Rights.

Beson­ders dabei ist, dass in den Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen stets das kom­plet­te Mei­nungs­spek­trum abge­deckt wird. Die Fede­ra­list Socie­ty will die Per­spek­ti­ven der Teil­neh­mer erwei­tern und das Bewusst­sein für die Prin­zi­pi­en der Rechts­staat­lich­keit, der Gewal­ten­tei­lung, der indi­vi­du­el­len Frei­heit und der tra­di­tio­nel­len Wer­te stärken.

Die Federalist Society als Vorbild

Die Ideen der Fede­ra­list Socie­ty haben das Inter­es­se von jun­gen Juris­ten aus der gesam­ten west­li­chen Welt geweckt. Infol­ge­des­sen grün­de­te sich die Inter­na­tio­nal Law and Liber­ty Socie­ty als über­par­tei­li­ches Netz­werk. Sie ope­riert unab­hän­gig von der Fede­ra­list Socie­ty. Dort fin­den sich ver­schie­de­ne Law and Liber­ty Cir­cle nach dem Modell der Fede­ra­list Socie­ty zusam­men. Gemein­sam ver­fol­gen sie die Mis­si­on, das Ver­ständ­nis unse­rer aktu­el­len und künf­ti­gen Ent­schei­der für Rechts­staat­lich­keit, Gewal­ten­tei­lung, rich­ter­li­che Zurück­hal­tung und indi­vi­du­el­le Frei­heit sowie grund­le­gen­den Frei­hei­ten wie die Religions‑, Mei­nungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit zu stärken.

Auch in Deutsch­land hat sich eine sol­che Grup­pe gebil­det: der Law and Liber­ty Cir­cle Munich. Über mein Enga­ge­ment dort habe ich den Weg in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten zur Fede­ra­list Socie­ty gefun­den. Der Law and Liber­ty Cir­cle Munich hat bereits Ver­an­stal­tun­gen mit inter­na­tio­nal renom­mier­ten Refe­ren­ten organisiert.

Die Logos der International Law and Liberty Society (li.) und des Law and Liberty Circle Munich (r.).
Die Logos der Inter­na­tio­nal Law and Liber­ty Socie­ty (li.) und des Law and Liber­ty Cir­cle Munich (r.).

Der Aus­tausch und die Dis­kus­si­on über die deut­sche wie auch aus­län­di­schen Rechts­ord­nun­gen, ihre Insti­tu­tio­nen und Rechts­tra­di­tio­nen bie­ten wert­vol­le Per­spek­ti­ven. Vie­le akti­ve Mit­glie­der der deut­schen Orga­ni­sa­ti­on haben Wur­zeln in der Hanns-Sei­del-Stif­tung. Der Ein­blick in die Arbeit der Fede­ra­list Socie­ty hat mich davon über­zeugt, dass ihr Kon­zept auch uns in Deutsch­land berei­chern kann. Ich konn­te durch mein Enga­ge­ment und das Aus­lands­sti­pen­di­um nicht nur mei­nen „juris­ti­schen Hori­zont“ erwei­tern, son­dern auch mein Netzwerk.