Auf den Spuren der Federalist Society
Von München nach Washington, D.C.
Wie debattiert man die Spielregeln der ältesten Demokratie der Welt? Das konnte ich in meinem Praktikum bei der Federalist Society in Washington, D.C. im Herbst 2023 kennenlernen. Den Weg dorthin ermöglichte mir neben meinem ehrenamtlichen Engagement auch das Auslandsstipendium der Hanns-Seidel-Stiftung. Die Federalist Society hat in den Vereinigten Staaten einen legendären Ruf als Ort für erstklassigen Ideenaustausch. Sie ist eine Vereinigung von Juristen, die sich der Debatte von konservativen und klassisch-liberalen Themen verschrieben haben. Die New York Times würdigte sie schon früh für ihre „intellektuelle Feuerkraft und zahlenmäßige Stärke“.
Im Jahr 1982 traf sich eine kleine Gruppe von Studenten der renommiertesten Universitäten der Vereinigten Staaten an der Yale Law School und kam zu einem gemeinsamen Schluss: die Vorlesungspläne ihrer Professoren bieten zu wenig Raum für andere Ansichten und offene Debatten. Die Bedeutung der Verfassung und föderalistischer Prinzipien würden zu häufig unter den Tisch fallen. Aus der Idee eines freien akademischen Diskurses gründeten die Studenten die Federalist Society for Law and Public Policy Studies. Die Federalist Society besteht heute aus circa 90.000 Mitgliedern, die sich in autonom in lokalen Anwalts- und Studentenvereinen organisieren. Sie folgt einem ähnlichen Wertekanon wie die Hanns-Seidel-Stiftung – kein Wunder also, dass beide Organisationen auch zusammenarbeiten.
Renommee durch Meinungsvielfalt
Die Federalist Society lässt sich nicht parteipolitisch vereinnahmen, will keine Lobbyarbeit betreiben und unterstützt keine Kandidaten für öffentliche Ämter. Sie versteht sich als eine Gruppe von konservativen und klassisch-liberalen Juristen. Ihre Konferenzen und Diskussionsveranstaltungen sind auch für Nichtmitglieder offen. Diese bringen werdende und ausgebildete Juristen sowie Juristen unterschiedlicher Professionen zusammen.
Besonders dabei ist, dass in den Diskussionsveranstaltungen stets das komplette Meinungsspektrum abgedeckt wird. Die Federalist Society will die Perspektiven der Teilnehmer erweitern und das Bewusstsein für die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung, der individuellen Freiheit und der traditionellen Werte stärken.
Die Federalist Society als Vorbild
Die Ideen der Federalist Society haben das Interesse von jungen Juristen aus der gesamten westlichen Welt geweckt. Infolgedessen gründete sich die International Law and Liberty Society als überparteiliches Netzwerk. Sie operiert unabhängig von der Federalist Society. Dort finden sich verschiedene Law and Liberty Circle nach dem Modell der Federalist Society zusammen. Gemeinsam verfolgen sie die Mission, das Verständnis unserer aktuellen und künftigen Entscheider für Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, richterliche Zurückhaltung und individuelle Freiheit sowie grundlegenden Freiheiten wie die Religions‑, Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu stärken.
Auch in Deutschland hat sich eine solche Gruppe gebildet: der Law and Liberty Circle Munich. Über mein Engagement dort habe ich den Weg in die Vereinigten Staaten zur Federalist Society gefunden. Der Law and Liberty Circle Munich hat bereits Veranstaltungen mit international renommierten Referenten organisiert.
Der Austausch und die Diskussion über die deutsche wie auch ausländischen Rechtsordnungen, ihre Institutionen und Rechtstraditionen bieten wertvolle Perspektiven. Viele aktive Mitglieder der deutschen Organisation haben Wurzeln in der Hanns-Seidel-Stiftung. Der Einblick in die Arbeit der Federalist Society hat mich davon überzeugt, dass ihr Konzept auch uns in Deutschland bereichern kann. Ich konnte durch mein Engagement und das Auslandsstipendium nicht nur meinen „juristischen Horizont“ erweitern, sondern auch mein Netzwerk.