Studienreise

Im Land der Savannen

Veröffentlicht am 21. Februar 2023 von Sofie Flurschütz

Wäh­rend einer Buspan­ne: Aus­tausch mit einer tan­sa­ni­schen Fami­lie nahe Dodoma

Wel­che Reli­gio­nen prä­gen Tan­sa­nia, wie funk­tio­niert dort Poli­tik? Wel­che kul­tu­rel­le Sze­ne gibt es und wie ist die Bil­dung orga­ni­siert? Vie­le Fra­gen, denen 21 Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten der Hanns-Sei­del-Stif­tung auf einer Stu­di­en­rei­se in Tan­sa­nia nachgingen.

Tan­sa­nia – das Land der Savan­nen vol­ler Löwen, Zebras und Giraf­fen. Aber auch das Land der end­lo­sen wei­ßen Strän­de an der Küs­te und auf den Inseln San­si­bar, Pem­ba und Mafia Island. Ein Land in Ent­wick­lung, was bedeu­tet, dass nicht alles so läuft, wie wir es gewohnt sind.
Mit viel Mos­qui­to-Spray, Son­nen­creme und Mala­ria-Pro­phy­la­xe im Gepäck begann die Rei­se in Dar Es Salaam, einer Stadt an der Küs­te mit ca. 2,6 Mil­lio­nen Ein­woh­nern. Dort besuch­ten wir die Aza­nia Front Luther­an Church und nah­men an einem deut­schen Got­tes­dienst der evan­ge­li­schen Gemein­de teil. „Dabei haben wir spü­ren kön­nen, dass Reli­gi­on für die Men­schen in Tan­sa­nia Schutz und Lebens­in­halt bedeu­tet“, sagt Sti­pen­dia­tin Katha­ri­na. Die meis­ten Men­schen, die in Tan­sa­nia leben, sind Chris­ten oder Mus­li­me. Beson­ders die Küs­ten­re­gio­nen sind mus­li­misch geprägt, denn Gemein­den in die­ser Regi­on wur­den von Sied­lern aus dem heu­ti­gen Oman, Jemen oder Iran im 13. Jahr­hun­dert gegrün­det. Folg­lich ver­brei­te­te sich der Islam ent­lang des Mee­res­ufers. In Tan­sa­nia sind etwa 40 Pro­zent der fast 62 Mil­lio­nen Ein­woh­ner dem Islam zugehörig.

Eben­falls in Dar es Salaam befin­det sich das tan­sa­ni­sche Pro­jekt­bü­ro der HSS mit sei­nen ins­ge­samt 12 Mit­ar­bei­tern. Das Pro­jekt­bü­ro gibt es seit 1988 und hat die Schwer­punk­te: Frau­en­för­de­rung (Aus­bil­dung von Poli­ti­ke­rin­nen und Man­dats­trä­ge­rin­nen aus den loka­len Ver­wal­tun­gen); Ver­bes­se­rung der loka­len Admi­nis­tra­ti­on sowie Zusam­men­ar­beit mit der tan­sa­ni­schen Poli­zei. Büro-Lei­ter Karl-Peter Schön­fisch erklär­te uns, wie die Trai­ning-Ein­hei­ten ablau­fen, was es zu beach­ten gilt und wel­che Akteu­re die Zusam­men­ar­beit (z.B. UN Women) gestal­ten. „Die Frau­en­för­de­rung ist uns beson­ders wich­tig, damit die­se Frau­en beruf­lich noch wei­ter nach vor­ne gelan­gen kön­nen und sich die rück­stän­di­ge Rol­le der Frau­en bes­sert“, sagt Karl-Peter Schönfisch.

Campusleben mit Herausforderungen

Span­nen­de Begeg­nun­gen hat­ten wir auch mit dem Lehr­per­so­nal der Uni­ver­si­ty of Dar es Salaam. An der öffent­li­chen Uni­ver­si­tät stu­die­ren etwa 40.000 Per­so­nen. „Beson­ders schön fin­de ich, dass die Uni vie­le Koope­ra­tio­nen mit ande­ren Ein­rich­tun­gen pflegt und fast 500 Stu­die­ren­de aus dem Aus­land stam­men“, berich­tet der 20-Jäh­ri­ge Ali. Um sich das Stu­di­um zu finan­zie­ren, müs­sen fast 60 Pro­zent der Stu­die­ren­den einen Kre­dit auf­neh­men. Die Arbeits­mög­lich­kei­ten nach dem Abschluss sind oft schwie­rig. Absol­ven­ten suchen teil­wei­se jah­re­lang nach einer pas­sen­den Stel­le. Die Schul­pflicht beträgt in Tan­sa­nia sie­ben Jah­re und nur etwa drei Pro­zent der tan­sa­ni­schen Schü­ler besu­chen nach der Schu­le eine Universität.

Span­nen­de Begeg­nun­gen hat­ten wir auch mit dem Lehr­per­so­nal der Uni­ver­si­ty of Dar es Salaam. An der öffent­li­chen Uni­ver­si­tät stu­die­ren etwa 40.000 Per­so­nen. „Beson­ders schön fin­de ich, dass die Uni vie­le Koope­ra­tio­nen mit ande­ren Ein­rich­tun­gen pflegt und fast 500 Stu­die­ren­de aus dem Aus­land stam­men“, berich­tet der 20-Jäh­ri­ge Ali. Um sich das Stu­di­um zu finan­zie­ren, müs­sen fast 60 Pro­zent der Stu­die­ren­den einen Kre­dit auf­neh­men. Die Arbeits­mög­lich­kei­ten nach dem Abschluss sind oft schwie­rig. Absol­ven­ten suchen teil­wei­se jah­re­lang nach einer pas­sen­den Stel­le. Die Schul­pflicht beträgt in Tan­sa­nia sie­ben Jah­re und nur etwa drei Pro­zent der tan­sa­ni­schen Schü­ler besu­chen nach der Schu­le eine Universität.

Um noch mehr über das etwa 61 Mil­lio­nen-Ein­woh­ner-Land zu erfah­ren, fuh­ren wir nach Baga­moyo, einem der ältes­ten Orte Tan­sa­ni­as. Die Grün­dung reicht bis ins ach­te Jahr­hun­dert zurück. Baga­moyo war einer der bedeu­tends­ten Han­dels­hä­fen an der ost­afri­ka­ni­schen Küs­te. „Von 1891 bis 1918 gehör­ten gro­ße Tei­le des Lan­des zur Kolo­nie Deutsch-Ost­afri­ka“, weiß Sti­pen­di­at Lukas. Heu­te ist das Ver­hält­nis gut und freund­schaft­lich. So bestehen zum Bei­spiel zahl­rei­che Part­ner­schaf­ten zwi­schen Städ­ten, Schu­len und Kir­chen­ge­mein­den in bei­den Ländern.

Eng­lisch und Kis­wa­he­li sind die Amts­spra­chen in Tan­sa­nia. Kis­wa­he­li stammt aus Ban­tu, hat aber auch vie­le eng­li­sche und ara­bi­sche Wör­ter. In Tan­sa­nia spre­chen die meis­ten Men­schen haupt­säch­lich Kis­wa­he­li, oft ihre Mut­ter­spra­che und manch­mal Englisch.

Einen Tag lang stand die Flo­ra und Fau­na Tan­sa­ni­as im Mit­tel­punkt – es ging auf Safa­ri im Mikumi Natio­nal­park. Der Begriff „Safa­ri“ kommt aus dem Kis­wa­he­li und bedeu­tet Rei­se. In der west­li­chen Welt ver­bin­den wir eine Safa­ri jedoch haupt­säch­lich mit der Suche nach wil­den Tie­ren. Die belieb­tes­ten Tie­re sind die Big Five: Löwen, Ele­fan­ten, Büf­fel, Leo­par­den und Nas­hör­ner. Tan­sa­nia hat auch unzäh­li­ge ande­re beein­dru­cken­de Tier­ar­ten und hun­der­te von schö­nen, far­ben­fro­hen Vögeln zu bie­ten, die wir in frei­er Wild­bahn ent­de­cken konn­ten. Der Jeep-Fah­rer und Gui­de erzähl­te uns alles über die Tie­re und Pflan­zen, denen wir in dem Natio­nal­park begegneten.

Mit Landwirtschaft überleben

Die Agrar­wirt­schaft ist gemes­sen am BIP mit einem Anteil von fast 50 Pro­zent der wich­tigs­te Sek­tor in Tan­sa­nia. 75 Pro­zent der Beschäf­tig­ten sind in dem Bereich tätig. Es gibt vie­le Klein­bau­ern, die jedoch meist Sub­sis­tenz­wirt­schaft (Anbau für den Eigen­be­darf) betrei­ben. Ihnen fehlt oft das nöti­ge Know-how oder Kapi­tal zur Anschaf­fung von Gerä­ten und Hilfs­mit­teln wie einem Trak­tor. Ange­baut wer­den z.B. Mais, Reis, Mani­ok, Hir­se, Hül­sen­früch­te, Bana­nen sowie Zucker­rohr. Viel Land ist lei­der auf­grund von Tro­cken­heit, Ver­seu­chun­gen oder Über­schwem­mun­gen unfrucht­bar. Nur cir­ca fünf Pro­zent der Land­flä­chen sind für den Nah­rungs­mit­tel­an­bau nutz­bar. Die Land­wirt­schaft ist auf regel­mä­ßi­gen Regen ange­wie­sen. Laut BMZ wird sich das Kli­ma in Tan­sa­nia nach Schät­zun­gen bis zum Jahr 2100 um zwei bis vier Grad Cel­si­us erwär­men. Der Regen­fall wird vor­aus­sicht­lich im Lan­des­in­ne­ren abneh­men, tra­di­tio­nel­le Was­ser­quel­len, wie z.B. die Seen Tan­ga­ny­ika, Man­ya­ra und Momel­la, dro­hen aus­zu­trock­nen. Dür­ren und Stark­re­gen­fäl­le neh­men zu. Die Fol­ge sind einer­seits Über­schwem­mun­gen und Boden­ero­si­on. Ande­rer­seits ver­duns­tet mehr Was­ser aus den Böden. In Kom­bi­na­ti­on mit dem aus­blei­ben­den Regen steht dadurch deut­lich weni­ger Ober­flä­chen­was­ser zur Verfügung.

In Tan­sa­nia leben mehr als 120 ver­schie­de­ne Stäm­me. Die größ­ten Stäm­me sind die Suku­ma, Nyam­we­zi, Haya, Nyaky­u­sa und Chag­gas­tam mit jeweils mehr als einer Mil­li­on Mit­glie­dern. Es gibt jedoch kei­nen Stamm, der domi­niert, was zum sta­bi­len poli­ti­schen Kli­ma im Land bei­trägt. Oft ist die Stam­mes-Zuge­hö­rig­keit nicht mehr sicht­bar, aber trotz­dem rele­vant. Der berühm­tes­te Stamm in Tan­sa­nia ist wahr­schein­lich der Mas­sai Stamm. Dies ist ein noma­di­sches Hir­ten­volk, das mit und von sei­nem Vieh lebt. Die Mas­sai sind bekannt für ihren Per­len­schmuck, den lan­gen Speer in der Hand und die roten Shuk­kas, den Decken, die sie als Klei­dung tra­gen. Sie leben in semi-per­ma­nen­ten Hüt­ten – Man­yat­tas genannt – die aus Gras und Mist gebaut wer­den. Der tra­di­tio­nel­le Tanz besteht dar­in, so hoch wie mög­lich zu sprin­gen. Wir konn­ten beob­ach­ten, dass es beson­ders in den Städ­ten vie­le Mas­sais gibt, die kei­nen tra­di­tio­nel­len, son­dern einen sehr moder­nen Lebens­stil nach­ge­hen und sich mit Gele­gen­heits­jobs durchbeißen.

Förderung durch die HSS

Auf dem Weg nach Dodo­ma, die Haupt­stadt von Tan­sa­nia, haben wir erlebt, wie sich aus einer Buspan­ne ein Fuß­ball­spiel mit tan­sa­ni­schen Kin­dern ergab und wie uni­ver­sell die Spra­che des Sports ist. In Dodo­ma haben wir die Uni­ver­si­ty of Dodo­ma besucht und dem Lehr­per­so­nal von der Mis­si­on der HSS sowie den Mög­lich­kei­ten eines Sti­pen­di­ums berich­tet. Außer­dem sahen wir das tan­sa­ni­sche Par­la­ment und tra­fen bei einem vom tan­sa­ni­schen Par­la­ment ver­an­stal­te­ten Tur­nier namens „Bun­ge Bonan­za“ Dr. Tulia Ack­son. Die Prä­si­den­tin der tan­sa­ni­schen Natio­nal­ver­samm­lung hat selbst ins­ge­samt 11 Mona­te in Deutsch­land ver­bracht und zuvor Jura an der Uni­ver­si­tät von Dodo­ma gelehrt. Sie erklär­te, wie das Par­la­ment mit den 393 Mit­glie­dern vom Fest­land sowie San­si­bar zusam­men­ge­setzt ist und dass die Natio­nal­ver­samm­lung und der Prä­si­dent der Ver­ei­nig­te Repu­blik Tan­sa­nia das Par­la­ment im Ein­kam­mer­sys­tem in Tan­sa­nia bil­den. Elek­tri­zi­tät und Infra­struk­tur sieht sie als zwei beson­ders gro­ße Her­aus­for­de­run­gen in ihrem Land. Dr. Tulia Ack­son zählt zu den Frau­en, die durch ein Trai­ning des HSS-Pro­jekt­bü­ros in Tan­sa­nia geför­dert wur­den. Tan­sa­ni­sche Poli­ti­ker nutz­ten bei die­sem Event ihre Vor­bild­funk­ti­on und wer­ben für Sport im Alltag.

Tan­sa­nia zählt zu den ärms­ten Län­dern der Welt. Das Land liegt im Index der mensch­li­chen Ent­wick­lung (Human Deve­lo­p­ment Index, HDI) der Ver­ein­ten Natio­nen auf Platz 160 von ins­ge­samt 191 Staa­ten. Die­se nied­ri­ge mensch­li­che Ent­wick­lung haben wir wahr­ge­nom­men. Trotz­dem war es beein­dru­ckend, mit wel­cher Lebens­freu­de und Herz­lich­keit die Tan­sa­nier auf­tra­ten. „Es waren wun­der­schö­ne, span­nen­de Tage und Gesprä­che, die mir gezeigt haben, dass Men­schen anders­wo auf der Welt als in Euro­pa oder Nord­ame­ri­ka eine ganz ande­re Ein­stel­lung zum Leben und der eige­nen Ent­wick­lung haben. Wir kön­nen eini­ges von den Tan­sa­ni­ern ler­nen“, resü­miert Sti­pen­di­at Tobias.

Impressionen

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Pro­jekt­lei­ter Karl-Peter Schön­fisch freu­te sich über das Inter­es­se der HSS-Dele­ga­ti­on an sei­nen Pro­jek­ten vor Ort.

Mehr Tan­sa­nia erle­ben? Autorin Sofie Flur­schütz hat vor Ort mit Locals gespro­chen, um mehr über die Men­ta­li­tät und die Her­aus­for­de­run­gen der Men­schen in Ost­afri­ka zu erfah­ren. Hier geht’s zu ihrem Video!