Der Buchmacher und sein Werk: Die ersten Bücher wurden signiert. Foto: massel Verlag

Gebündeltes Medienwissen

Alice im Neuland

Veröffentlicht am 2. Oktober 2021 von Heiko Richter

Mar­tin Sell war wütend. Über die Refe­ren­tin des Eltern­abends an der Grund­schu­le sei­ner Söh­ne, die ihr Bes­tes gab, um über Medi­en­kom­pe­tenz im Zeit­al­ter des Inter­nets zu spre­chen – und doch über­for­dert schien. Über das ver­füg­ba­re Infor­ma­ti­ons­ma­te­ri­al, das reich an Fach­wis­sen und wei­ter­füh­ren­den Links war, aber arm an ziel­ge­rich­te­ter Infor­ma­ti­on. Über die medi­en­päd­ago­gi­sche Indus­trie, deren Selbst­zweck sich dem Medi­en­tech­nik-Inge­nieur nicht erschloss. Kurz: Über das gesam­te Sys­tem, das den Kin­dern nicht das Rüst­zeug lie­fer­te, das heu­te not­wen­dig sei.

Der Buch­ma­cher und sein Werk: Die ers­ten Bücher wur­den signiert.

Mar­tin war über­zeugt: „Das Inter­net muss neu erfun­den wer­den. Und damit auch die Schu­le ins­ge­samt und unse­re Gesell­schaft.“ Was also konn­te ein ers­ter Schritt dazu sein? Ihm war klar: Er muss­te selbst aktiv wer­den. Das CdAS-Mit­glied aus Mün­chen mach­te sich ans Werk, grün­de­te einen Ver­lag und erschuf in mühe­vol­ler Klein­ar­beit „Ali­ce im Neu­land“ – ein Lese­buch und Nach­schla­ge­werk mit viel Lie­be zum Detail, das den Zusatz „für die gesam­te Fami­lie“ ver­dient hat. Mar­tin war Autor, Lay­ou­ter, Pro­du­zent und Ver­le­ger sei­nes Erst­lings­werks und trug das gesam­te Risi­ko. Nur die Illus­tra­tio­nen steu­er­te eine befreun­de­te Illus­tra­to­rin bei.

Prot­ago­nis­tin der Geschich­te ist Ali­ce, ein 7‑jähriges Mäd­chen, das sich auf­macht und – frei nach Ange­la Mer­kel – ein geheim­nis­vol­les „Neu­land“ erkun­det. Zunächst sucht Ali­ce nach ihrem Ein­horn. Dabei kommt sie an zahl­rei­chen wun­der­li­chen Wesen vor­bei und lernt die Gefah­ren des Inter­nets, aber auch sei­ne uner­mess­li­chen Mög­lich­kei­ten ken­nen. Ein­ge­teilt in 16 Kapi­tel, ist das Buch für Erwach­se­ne und Kin­der ein gro­ßes Ver­gnü­gen. Wäh­rend die Klei­nen sich zunächst ziem­lich wun­dern über gol­de­ne Gän­se und den „Tanz um den Zucker­berg“, wer­den medi­en­kun­di­ge Leser schmun­zeln über all die Anspie­lun­gen und Wort­spie­le, die sich auf jeder Sei­te wiederfinden. 

Nach jedem Kapi­tel gibt es Infor­ma­ti­ons­sei­ten, die mit her­vor­ra­gen­den Illus­tra­tio­nen und Info­gra­fi­ken die digi­ta­le Welt ver­ständ­lich erklä­ren. Das 150-sei­ti­ge Buch eig­net sich auch als Nach­schla­ge­werk – dank eines umfang­rei­ches Regis­ters und Quel­len­ver­zeich­nis­ses. Was genau ist jetzt die­ses „Inter­net der Din­ge“, was bedeu­ten die kryp­ti­schen Buch­sta­ben­ko­lon­nen namens IP-Adres­se und wie funk­tio­niert ein 3‑D-Dru­cker?

„Ali­ce im Neu­land“ ist kein Schnell­schuss, son­dern das Ergeb­nis eines durch­dach­ten Kon­zepts, mit dem Mar­tin Sell sei­nen Bei­trag zur Medi­en­kom­pe­tenz in die Kin­der­zim­mer brin­gen möch­te. Um das Autoren-Pseud­onym Paul Anders­son möch­te er eine ana­lo­ge und digi­ta­le Mar­ken­welt auf­bau­en, die für hoch­wer­ti­ge Wis­sens­ver­mitt­lung steht: Unter www.paulandersson.com soll ein Blog ent­ste­hen, wei­te­re Bücher sind in Pla­nung. Und viel­leicht klappt es ja auch mit der einen oder ande­ren Lesung in den CdAS-Regio­nal­grup­pen? Das The­ma schließ­lich ist aktu­el­ler denn je.

Ali­ce im Neu­land
von Paul Anders­son (Autor)
und Anna­ma­ria Papp-Iones­cu (Illus­tra­to­rin)
mas­sel Ver­lag
150 Sei­ten, gebunden

ISBN: 978−3−948576−00−4
Emp­foh­le­nes Alter: 7 – 99 Jahre