JFS-Stipendiaten beim CSU-Parteitag
Beobachtung der politischen Medienarbeit
Kurz nach vier am Nachmittag. Der Gong ertönt zum zweiten Mal und ruft die knapp 700 Delegierten aus ganz Bayern in den großen Saal vor die Bühne, über der ein riesiges CSU-Logo prangt. Es ist nicht das einzige hier. Auch an jedem Fahnenmast auf der Zufahrt zum Augsburger Messegelände weht eine blaue Flagge. An diesem Freitag hält die CSU ihren Parteitag ab. Mit dabei ist auch eine kleine Gruppe von Stipendiatinnen und Stipendiaten der journalistischen Förderung (JFS) der Hanns-Seidel-Stiftung. Ihr Ziel: Lernen, wie der Bayerische Rundfunk über so ein Ereignis berichtet. Drinnen ertönt der dritte Gong und der CSU-Generalsekretär tritt ans Mikrofon.
Das alles muss Eva Eichmann jetzt ignorieren. Denn auch sie spricht in ein Mikrofon – live und vor deutlich mehr Zuschauern als im Saal: Nämlich vor allen, die gerade im WDR die Nachrichten schauen. In der Live-Schalte fasst die BR-Reporterin zusammen, worum es beim Parteitag inhaltlich geht und wie es um das Verhältnis zur Schwesterpartei CDU steht. Derweil hat die Rede von CSU-Parteichef Markus Söder noch gar nicht begonnen. Um sich auf die Schalte vorzubereiten, hat Eichmann die Leitanträge des Parteivorstands gelesen und war schon bei Söders erstem Statement bei seiner Ankunft dabei. Als Mitglied der BR-Redaktion für Landespolitik hat sie aber auch das nötige Wissen, um Hintergründe zu erklären. So könne sie auch mal spontan eine Minute füllen, erklärt sie den JFS-Stipendiaten. Und noch etwas sei gerade in dieser lauten Umgebung wichtig: Auch wenn man sich anstrengen muss, die Fragen der Nachrichtenmoderatorin über den Knopf im Ohr zu verstehen – bloß keine Grimassen schneiden, live im Fernsehen.
Eva Eichmann ist nicht die einzige Reporterin des Bayerischen Rundfunks, die vor Ort ist. Die Stipendiaten sprechen mit Achim Wendler. Er ist der Leiter der BR-Redaktion Landespolitik und hat hier den Überblick. Der BR ist nicht nur verantwortlich für Live-Schalten, Beiträge und Interviews im Fernsehen, sondern auch für Beiträge im Hörfunk und Texte im Internet und in der BR24-App. Allein zum Schreiben ist extra ein Kollege dabei, weitere Leute hat das ARD-Hauptstadtstudio aus Berlin geschickt. Die JFS-Stipendiaten haben aber noch eine Frage dabei: Warum ist die BR-Redaktion für Landespolitik noch nicht auf TikTok vertreten? Schließlich wäre es aus ihrer Sicht wichtig, dass junge Menschen dort mehr seriöse Informationen zu Politik vorfinden. Stimmt, eigentlich müsste man da vertreten sein, räumt Wendler ein und verspricht den Stipendiaten: Darüber sprechen wir nochmal!
Einen längeren TV-Beitrag plant Autor Hans Hinterberger vom BR-Politikmagazin Kontrovers. Thema: CSU-Chef Söder schließt seit Wochen öffentlichkeitswirksam eine Koalition von Union und Grünen nach der nächsten Bundestagswahl aus. Der gemeinsame Kanzlerkandidat Friedrich Merz möchte sich diese Option dagegen offenhalten. Mit ihm hat Hinterberger am Rande des Parteitags ein Interview geplant, ebenso mit der Augsburger Oberbürgermeisterin, die als CSU-Mitglied eine schwarz-grüne Koalition im Stadtrat anführt. Interviews mit Parteichefs kündigt Hinterberger bei deren Sprechern an. Delegierte oder auch Ministerinnen und Minister aus dem bayerischen Kabinett könne er auf Parteitagen meist spontan für ein Statement ansprechen, sagt er den Stipendiaten. Daneben möchte Hinterberger ein Stimmungsbild unter den Delegierten einholen und hat einen weiteren Dreh für Stimmen aus der CSU-Basis geplant.
Am Ende des Tages haben die JFS-Stipendiaten gelernt, wie viele Menschen zusammenarbeiten, um tagesaktuelle, aber auch hintergründige Berichterstattung von einem Parteitag zu liefern – in Texten, Social-Media-Kanälen, Hörfunk und TV. Sie haben zum ersten Mal die Atmosphäre auf einem Parteitag erlebt und viele Fotos gemacht – etwa mit dem halben bayerischen Kabinett und Lutz van der Horst von der heute-show.