Der Weg junger Liedermacher mit der Unterstützung der Hanns-Seidel-Stiftung
Von Leidenschaft zu Anerkennung
Auf der gleichen Bühne stehen mit Stars wie Chris de Burgh, Willy Astor und Bodo Wartke? Für ein paar junge Musiker wird dieser Traum wahr – seit 1987 verleiht die HSS jedes Jahr den Förderpreis für junge Liedermacher. Neben einem Preisgeld von 5.000 Euro gewinnen die Ausgezeichneten einen Auftritt auf dem Festival Lieder auf Banz auf der Klosterwiese in Bad Staffelstein und haben die Möglichkeit, ihr Können einem großem Publikum vor Ort sowie vor dem heimischen Fernseher zu präsentieren.
„Wir suchen Interpreten, die Lieder machen, die auch anspruchsvolle Texte haben.“
- Jutta Möhringer, Leiterin des Instituts für Begabtenförderung und Jurorin des Liedermacher-Preises
Aber was bedeutet der Förderpreis für junge Liedermacher wirklich für junge Liedermacher?
Drei Gewinner erzählen.
Ronja Maltzahn
Ronja Maltzahn möchte mit ihrer Musik nicht nur Menschen zusammenbringen, sondern mit ihr auch die Welt bereisen. Mit Cello, Gitarre, Ukulele, Piano und ihrer eigenen kräftigen und gefühlsbetonten Stimme steht sie zusammen mit ihrem langjährigen Musikpartner Federico Marina auf Bühnen in der ganzen Welt. Eine Mischung aus Pop, Weltmusik und elektronischen Klängen charakterisiert ihr neuestes Album Heimweh, das sie 2022 herausbrachte.
Die Anfänge ihrer musikalischen Karriere fand sie nicht in ihrem Musikpädagogik-Studium, sondern erst, als sie das Fernweh im Anschluss daran nach Italien zog. Dort traf sie auf den Argentinier Federico, der sie zur Manifestation ihrer Identität als Künstlerin inspirierte. Nach zahlreichen Songs und ihrem ersten Album bereisten sie in den vergangenen sechs Jahren zusammen über 20 Länder und spielten mehr als 400 Konzerte. Dabei war für Ronja die Musik bis dato immer mehr Berufung statt Beruf gewesen.
„Musik war eigentlich immer so die Leidenschaft, wo ich all das abladen und auch verarbeiten konnte, was ich erlebe. Das war komplett passion-gesteuert und gar nicht so sehr als eine Karriere für mich greifbar oder sichtbar gewesen.“
- Ronja Maltzahn
Bis heute sieht sie Ruhm nicht als das erstrebenswerteste Ziel ihres Künstler-Daseins. Vielmehr hofft sie darauf, mit ihrem Team weiter zu wachsen und neue, größere Ideen umsetzen zu können. Doch dafür braucht es nicht nur eine finanzielle Kraft, sondern auch Reichweite, wie sie sagt. Der Förderpreis der Hanns-Seidel-Stiftung öffnete ihr hierfür neue Türen. Das Festival Lieder auf Banz verschaffte ihr den größten Auftritt ihrer Karriere und gleichzeitig einen Spiegel, der ihr zeigte, dass sie sich auf dem richtigen Weg befindet.
„Da waren Musiker dabei, die haben den Siebzigerjahren Musikgeschichte geschrieben, und die standen hier neben uns auf der Bühne – Karat und Kunze und wie sie alle heißen.“
- Ronja Maltzahn
Nicht nur die 5.000 Menschen im Publikum, die Stimmung auf dem Open-Air Gelände und die vielen Lichter, die ihren Auftritt unterstrichen, machten Lieder auf Banz für Ronja eine „epische“ Erfahrung. Ebenso das, was sich abseits der Bühne abspielte: Mit ihrem Idol aus Studiumstagen Bodo Wartke bis 5 Uhr morgens Lieder rauf und runter singen – das erlebt man nicht alle Tage.
Auch der Austausch über ihre Musik, die Welt und die Gesellschaft mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten der HSS im Nachgang hat Spuren bei Ronja hinterlassen.
„Noch vor einigen Jahren habe ich auch gedacht, dass ich als Künstlerin eigentlich wenig mit Politik zu tun habe. Ich dachte, dass ich mich selbst gar nicht so als politisch aktiv wahrnehmen würde. Und gleichzeitig sehe ich jetzt, dass die Kunst einen Raum in der Gesellschaft einnimmt, der eine ganz tolle Schnittstelle zwischen vielen verschiedenen Bereichen ist.“
- Ronja Maltzahn
Eine weitere überraschende Erkenntnis war für Ronja, dass ausgerechnet ihr deutschsprachiges Album so große Wellen schlug. „Ich habe mich ganz lange von der deutschen Sprache ferngehalten und hatte Riesen-Respekt davor“, gibt sie zu. Getrieben vom Fernweh schrieb sie ihre Lieder lange Zeit auf Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Auch vereinzelte Übersetzungen ins Russische, Ukrainische und Schwedische setzte sie um.
Doch auch hier hält ihr der Förderpreis den Spiegel vor und zeigt, dass die Flügel ihres Lebens – was ihre Reisen ausdrücken – nicht alleiniger Erfolgstreiber für ihren musikalischen Lebensweg sind. Schließlich wurde ihr der Preis auch für ihre Songs in der „eckigen“ und „kantigen“ deutschen Sprache verliehen. Damit wurde sie den Kriterien der Jury – Hohes künstlerisches Niveau, Vielfalt des musikalischen Eindrucks, Eigenständigkeit und Freude an der Musik – für eine Auszeichnung gerecht.
„Diese deutschsprachigen Songs haben eine unglaubliche Kraft, weil sie die Tiefe meines Lebens beschreiben können, so wie ich das in keiner anderen Sprache ausdrücken kann.“
- Ronja Maltzahn
Und so schafft es Ronja nach jahrelangen Reisen durch die Welt wieder, ein paar Wurzeln zu fassen, die sie vielleicht auch in Zukunft immer öfter für ihre Konzerte nach Deutschland bringen. Vielleicht auch zurück nach Bayern.
Fidi Steinbeck
Obwohl Musik in Fidis Leben schon immer eine Konstante war, verschrieb sich Fidi Steinbeck – bürgerlich Friederike Sophie Steinbeck – erst sehr spät dem Beruf der Musikerin. Angst davor, dass dadurch die Leidenschaft zur Musik verloren geht, hat die 39-Jährige heute nicht mehr. Das spiegelt auch ihr buntes Album Flieder wider, das von Country-Stil über Rock bis hin zu klassischen Elementen mit Cello alles hat. Es versinnbildlicht Fidis Selbstwahrnehmung, ohne dabei immer der breiten Masse gefallen zu müssen.
„Wenn ich Augen und Ohren zumache, wie würde ich denn klingen?“
- Fidi Steinbeck
Dennoch sieht sie, dass vor allem Kreativschaffende deutlich von Selbstzweifeln geplagt werden. Auch sie selbst bleibt davon nicht verschont. Vor allem durch die Corona-Zeit, als der Austausch zum Publikum fehlte und sie keinen Abstand zu ihrer Arbeit hatte, sei es für sie schwer zu beurteilen gewesen, ob ihre Musik der richtige Weg ist.
Nur das zu machen, was man selbst mag und was einen glücklich macht, reiche leider oft nicht, um sich in der harten Musikbranche zu etablieren. Das müsse auch gesehen werden, am besten von Menschen, die die Möglichkeit haben, Musik-Talente zu fördern. So wie die Hanns-Seidel-Stiftung das Talent in ihr sah und sie mit dem Liedermacher-Preis im Jahr 2023 auszeichnete.
„Ich glaube, wenn es solche Menschen bzw. Stiftungen nicht geben würde, dann wäre die Kulturbranche wahrscheinlich noch ein bisschen eintöniger, weil es das natürlich vielfältiger macht, wenn viele kleinere Künstler:innen und unterschiedliche Menschen die Chance bekommen, sich zu zeigen. Und das finde ich toll und wichtig und lobenswert.“
- Fidi Steinbeck
Erfahren von der Auszeichnung hatte sie am gleichen Tag ihres Album-Releases, am 28. Oktober 2022. Ein Tag, der für Fidi ereignisreicher nicht hätte sein können. Zwischen großer Freude über das erste Album und etwas Leere in ihr und ihrem Portemonnaie, eröffnete ihr Isabell Küfer am Telefon, dass sie mit dem Preisgeld ihre nächsten Karriereschritte nun planen könne.
„Ich saß im Auto, hatte ein paar Anrufe verpasst und nur gesehen, dass es eine Münchner Nummer ist. Und ich dachte erst, dass es unser Gasanbieter ist, die sitzen nämlich in München.“
- Fidi Steinbeck
Das Preisgeld wurde direkt umgesetzt. Die Hälfte wurde in einen Showcase investiert, die andere Hälfte in alles, was nötig war, um mit ganzer Band inklusive Techniker im Sommer 2023 auf Kloster Banz dabei sein zu können. Denn vor allem das Konzert Lieder auf Banz und die damit verbundene TV-Ausstrahlung bietet eine Sichtbarkeit, die für Fidi ohne Musiklabel im Rücken schwer alleine zu erreichen ist. Diese Sichtbarkeit ist wichtig, um weiterhin von der Musik leben zu können. Jedoch ist Reichtum nicht ausschlaggebend für den Erfolg, den Fidi mit ihrer Musik verbindet. „Ich mache Musik für mich selber, aber natürlich auch für alle Menschen, die darauf Lust haben. Wenn ich dann wieder schöne Nachrichten kriege, dass ich jemandem durch eine schwierige Zeit geholfen habe mit meinen Songs, dann ist das für mich Erfolg.“
Sich als relevant zu betrachten, mutig zu sein und zu sich selbst zu stehen, ist für Fidi wohl der Schlüssel zu diesem Erfolg, den sie auch anderen jungen Musikern gerne mit auf den Weg gibt. So können auch sie in Zukunft vielleicht sagen: „Ja, ich habe diesen Preis verdient. Ich habe sehr viel dafür getan“, so wie es Fidi nun tut.
UNDUZO
Corona. Eine Zeit, in der die Nachrichten von Worten wie „Lockdown“, „Mund-und-Nasenschutz“ und „Quarantäne“ dominiert wurden und plötzlich jeder wusste, was der R‑Wert ist. Eine verrückte Zeit, in der man zeitweise nicht einmal auf einer Parkbank verweilen durfte, geschweige denn ein Konzert vor 5.000 Zuschauern spielen. Auch das Liedermacher-Festival blieb im Jahr 2020 und 2021, während der Corona-Pandemie, nicht vor den gesetzlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus verschont. Es wurde abgesagt. Die Gewinner aus dem Jahr haben zwar das Preisgeld erhalten, der versprochene Auftritt bei Lieder auf Banz wurde aber nie nachgeholt.
So erging es der A‑Cappella Band Unduzo, die den Preis 2020 gewann. Seitdem wartet sie darauf, ins Line-Up des Festivals aufgenommen zu werden. Bislang vergeblich. Sind sie also die Verlierer unter den Gewinnern?
„Das ist noch so ein kleiner Wermutstropfen“, sagt Richard Leisegang, Bass-Stimme, Texter und Manager der Vocal-Pop-Band aus Freiburg. Bestimmt wäre die Reichweite der Gewinner bei einem Auftritt auf dem Festival auf Kloster Banz um einiges größer gewesen als bei einem internen Corona-Konzert mit Live-Stream. Denn die Außenwahrnehmung ist das, was den Preis für die Künstler so bedeutend macht.
„Man hat etwas gewonnen, aber es wurde nicht so richtig eingelöst.“
- Richard Leisegang
Trotzdem hat es die Band geschafft, sich in der Musikbranche zu etablieren. 40 bis 50 Konzerte spielen die fünf Musiker im Jahr, seit kurzem in neuer Besetzung mit Sopranistin Mareike Gerdes, die frischen Wind und Leidenschaft für die alten Lieder mitbringt. Diese Leidenschaft wird vor allem auch ans Publikum transportiert. Schließlich ist das Publikum das Herzstück von Unduzos „Pop-Entertainment“, was die Musiker anspornt, vorausschauend Musik zu machen. Es bedarf eines Spagats, das zu produzieren, was den Menschen gefällt und dabei den eigenen Vorstellungen von Musik gerecht zu werden.
„Wir bleiben uns treu, indem wir bei der Konzeption unserer Programme auch ans Publikum denken. Das haben wir immer schon so gemacht.“
- Richard Leisegang
So rät Richard Newcomern, immer nach links und rechts zu schauen und positiv zu bleiben. Denn die Sparte der Freiberuflichkeit, die Musiker einschlagen, setzt eine gewisse Überzeugungskraft beim Publikum voraus, um damit erfolgreich zu sein. „Es ist ein hartes Geschäft“, sagt er, „aber ich würde mich als glücklichen Künstler bezeichnen.“